Ironman Chattanooga

Raceweek

Nach dem erfolglosen Versuch, sich in Neuseeland für den Ironman Hawaii zu qualifizieren, schmiedete die ich neue Pläne, wie es doch noch mit Quali klappen könnte. Die Wahl fiel auf den Ironman Chattanooga.

In den 18 Monaten seit dem Ironman in Taupo konnte ich mich auf dem Rad wie auch im Laufen weiterentwickeln, so dass ich optimistisch die Reise nach Tennessee antrat.
Schließlich sollten die Strecken und Bedingungen in Chattanooga genau zu meinem Profil passen.

  • Eine Schwimmstrecke Point to Point im Fluß mit durchaus beachtlicher Strömung.
  • Eine vermeintlich schnelle, etwas wellige Radstrecke. Diese wurde jedoch etwas angepasst und bekam dadurch einige zusätzliche Höhenmeter. Eigentlich kein großes Problem, aber womöglich würde der Abstand zu den starken Radfahrern dadurch so groß werden, dass ich sie beim Laufen nicht mehr holen könnte.
  • Eine sehr anspruchsvolle Laufstrecke mit rund 400 Höhenmetern.
Bild konnte nicht geladen werden

Die Idee war, beim Schwimmen mit etwas geringerem Abstand als für mich üblich aus dem Wasser kommen, auf dem Rad in eine gute Position fahren, um dann in die erforderlichen Ränge für einen Slot vorzulaufen.

Fünf Tage vor dem Rennen reisten wir an, um uns mit den Gegebenheiten vertraut zu machen und zu akklimatisieren.

Beim Aufbau meines Rades musste ich dann feststellen, dass die Bremsscheibe an meinem Vorderrad vom Transport massiv verbogen war. Also erstmal zum nächsten Bike Shop. Und das war ein Glücksgriff. Extrem schnelle, hilfsbereite, freundliche und kompetente Hilfe, wie man sie zu Hause leider nur selten erlebt. An dieser Stelle nochmal einen riesen Dank an meinen Mechaniker David, der bei der Gelegenheit gleich nochmal mein komplettes Rad durchgecheckt hat, so dass ich beruhigt in den Wettkampf gehen konnte.

Die weiteren Tage verliefen wie immer in der Raceweek. Ein wenig Bewegung, Registration, Athlete Briefing, viel die Beine hochlegen und schließlich der Check-In am Vortag.

Mit jedem abgehakten Programmpunkt rückt der große Tag ein Stückchen näher. Natürlich war ich auch zunehmend angespannt, aber trotzdem blieb die Vorfreude.

 

Raceday

Am Wettkampfmorgen klingelte der Wecker um 04:15 Uhr.
Schnell etwas essen und dann in die Wechselzone. Nutrition unterbringen und ein letzter Check. Alles passt!

Ich schlendere zu meinen Wechselbeuteln. Plötzlich reißt mich ein Volunteer aus meinen Gedanken. „Hey! Don‘t look so serious! It‘s your race day! You got this!!!“ und gibt mir ein High Five. Diese extrovertierte gute Laune können nur Amerikaner verbreiten. Sofort bin ich wieder im hier und jetzt und die Vorfreude steigt auf das nächste Level.

In der Wechselzone sagen sie plötzlich durch, dass das Schwimmen Wetsuite optional ist. Das ist überraschend. Die letzten Tage lag die Wassertemperatur immer bei ca 21,5 Grad. Über Nacht ist sie plötzlich auf 24,8 gestiegen. Aber das stört mich tatsächlich überhaupt nicht. Vielleicht nehmen sich ja einige Athleten dadurch selbst von der Liste der Hawaii Anwärter, weil sie lieber mit Neo schwimmen wollen. Mir soll es recht sein.

Es geht nochmal kurz ins Hotel, bevor Steffi mich zu den Bussen bringt, die die Athleten zum Schwimmstart fahren. Ich darf also einmal mehr in den amerikanischen Schulbus steigen.

Bild konnte nicht geladen werden

Sonnenaufgang ist um 07:30 Uhr. Daher ist der Start auch relativ spät. Ab 07:00 Uhr mache ich mich langsam fertig und um kurz vor 08:00 Uhr springe ich ins Wasser. Das Schwimmen ist schön und fühlt sich tatsächlich schnell an. Das Feld zieht sich gut auseinander und da es keine Wendebojen gibt bleibt es ein sehr entspanntes Schwimmen. Nach 500m zeigt meine Uhr 8:15min. Ui, das hatte ich noch nie. So machts Spaß! Die Pace bleibt bis zu Ende in diesem Bereich und nach 1:00:14 steige ich aus dem Wasser. Keine Ahnung ob das jetzt bei der Strömung gut ist. Aber es fühlt sich auf jeden Fall sau gut an.

Also ab aufs Rad. Ich will versuchen, möglichst lange an meinen Wattwerten festzuhalten und keine Gedanken an den Lauf zu verschwenden. Von den Werten her bin ich gut unterwegs. Aber die Strecke ist sehr wellig, fast schon bergig. Schon nach 10km wird mir bewusst, dass ich wohl nicht um die 5 Stunden fahren werde wie anfänglich erhofft. Aber das ist auch nicht ganz so wichtig, denn es ist für alle gleich. So lange meine Werte stimmen ist alles ok.

Bild konnte nicht geladen werden

Es gilt, eine Out and Back Strecke auf dem Highway dreimal zu fahren. Landschaftlich und auch fahrtechnisch wenig spannend. Da war die alte Radstrecke bestimmt besser. Aber was soll’s. Die erste Runde nutze ich, um mir ein paar markante Punkte zu merken, an denen ich mich in den nächsten Runden entlang hangeln kann.
Gegen Ende der ersten Runde merke ich, dass es bereits echt warm ist. Das könnte heute noch heftig werden. Nach dem U-Turn zur zweiten Runde geht es mal wieder ordentlich bergauf. Und plötzlich stehe ich voll im Wind. Uff, das wird hart. Egal, dranbleiben.
Mitte der zweiten Runde habe ich ein kleines Tief. Aber daraus kann ich mich wieder befreien. Ich bin damit beschäftigt, mich gut zu verpflegen und vor allem ordentlich zu kühlen. An jeder Verpflegungsstation schütte ich eine komplette Flasche Wasser über mir aus.
So geht es auch in die dritte Runde. Ich kann mich nochmal zusammenreißen und bemühe mich, nochmal etwas mehr Druck aufs Pedal zu bringen.
Ich freue mich auf einen schnellen Weg zurück zur Wechselzone. Aber irgendwie geht es schon wieder ziemlich viel bergauf. War das nicht in die andere Richtung auch schon so?

Nach 5:19:59 bin ich in T2. Ich hätte mir zwar einen etwas schnelleren Bike Split gewünscht. Aber eigentlich sollte die Performance so gepasst haben.

Jetzt also nur noch Laufen. Kurz nach dem Ausgang der Wechselzone steht Steffi und ruft mir meine Platzierung zu. 20. in der AK, 120 Overall. Ok, da könnte etwas gehen.

Bild konnte nicht geladen werden

Für Steffi war es bislang ein sehr entspannter Tag, weil sie den kompletten Bike Part beim Frühstück und im Hotel verbringen konnte. Die Streckenführung auf dem Highway ist nicht sehr zuschauerfreundlich. Auch die Laufstrecke versprach mit ihren zwei Runden viel Einsamkeit. Zuschauer und Stimmung beschränken sich auf den Bereich um Wechselzone und Ziel.

Steffi positioniert sich so an der Laufstrecke, dass sie mich zumindest dreimal sehen kann bevor es ins Ziel geht. Mehr ist nicht drin.

Für mich geht es erstmal in praller Sonne bei rund 30 Grad und Gegenwind auf den nächsten welligen Highway.

Bild konnte nicht geladen werden

Ich bekomme mich auf 4:30 min/km – 4:45 min/km gepaced. Das passt und ich sammle einige Läufer ein. Die Laufstrecke ist aber echt leer. Teilweise sieht man lange niemanden vor sich. Dafür ist an den Verpflegungs­stationen Platz und ich kann entspannt alles greifen was ich brauche. Wasser zum kühlen, Isodrink, Cola, Gel und nochmal Wasser. Nach knapp 8km laufe ich auf einen Athleten aus Venezuela auf und er nimmt mein Tempo an. Gemeinsam ziehen wir uns bis zur Brücke über den Fluss. Jetzt kommt der wellige, nein, bergige Teil der Strecke. Hier läuft fast niemand mehr. Mit meinem Laufpartner geht es aber stetig in leichtem Laufschritt hinauf und auch flüssig wieder bergab. Sich gemeinsam zu pushen hilft hier ungemein.
Gegen Ende der ersten Runde platzt er aber und ich bin für die zweite Hälfte auf mich allein gestellt. Steffi gibt mir nochmal ein Update. 16. AK, 70. Overall. Jetzt dranbleiben und solide nach Hause laufen. Die Frage ist, wer später platzt.

Bild konnte nicht geladen werden

Die Laufstrecke ist jetzt deutlich voller. Wieder brennt die Sonne auf dem Highway. Die Höhenmeter auf der zweiten Hälfte haben einiges an Energie gekostet. Ich versuche nochmal eine vernünftige Pace aufzunehmen, aber das wird zunehmend knifflig. Jedes Mal wenn ich denke etwas zu beschleunigen, zeigt die Uhr konstant die gleiche Pace. Es ist verflixt, ich komme nicht mehr auf 4:45 min/km.
Kurz bevor ich wieder Steffi sehe geht es einen kurzen, steilen Berg hoch. Hier geht’s mir dreckig. Noch acht knackige Kilometer. Ich versuche mich mit „If it hurts me it kills the others“ zu motivieren. Mit mäßigem Erfolg.
Zu Beginn des Marathons hatte ich realisiert, dass ein 3:30 Marathon für ein sub10 Finish reichen würde.
Das ist mir mittlerweile egal. Die Zwischenzeiten auf der Uhr lassen diesbezüglich nichts Gutes erahnen. Und ein Pacing ist auf dem letzten Abschnitt mit den üblen Anstiegen eh nicht möglich. Zudem bin ich eh am Anschlag. Wenn ich jetzt nochmal versuchen würde anzuziehen, müsste ich den letzten langen Anstieg vermutlich gehen. Und dort würde ich dann sehr viel Zeit verlieren. Also weiter nach Gefühl. Vielleicht geht ja Richtung Ziel nochmal was.

Bild konnte nicht geladen werden

Schließlich sind die letzten Anstiege überwunden. Leider weit weniger flüssig als in der ersten Runde. Jetzt also nur ein letztes Mal über den Fluss und ab ins Ziel. Dieser Abschnitt ging tendenziell bergab, so dass ich hier, nicht zuletzt mit der Aussicht auf ein Ende, nochmal ordentlich laufen lassen kann.

Nach 10:00:59 laufe ich ins Ziel und bin total zerstört und einfach nur froh, dass es vorbei ist.

Vielleicht ein wenig schade, dass ich nicht unter 10 Stunden geblieben. Aber wie gesagt, eigentlich war mir das egal. Eine Bestzeit wäre es eh nicht geworden.

Hinter dem Ziel treffe ich Steffi. Sie hat es geschafft, mich bei jeder Möglichkeit zu sehen, anzufeuern und mit Zeiten/Platzierungen zu versorgen. Es hat für Platz 12 in meiner AK gereicht. Mit einem Kona Slot wird das dann am nächsten Tag wohl nichts werden. Mir fehlen allerdings auch 12 Minuten auf Platz 11. Das ist dann doch schon eher deutlich.

Schließlich verpflege ich mich während Steffi mein Rad und die Wechselbeutel holt. Gemeinsam gehen wird zurück zum Hotel.

Später am Abend schauen wir nochmal beim Ziel vorbei. Die Stimmung ist ganz gut, aber natürlich nicht mit der Finishlineparty vergleichbar wie wir sie vor zwei Monaten in Kalmar erleben durften.


 

Slot Allocation

Am nächsten Tag gehen wir zur Siegerehrung und Slotvergabe.

Die Siegerin der Profi Frauen sagte bei ihrer Rede bei der Siegerehrung, dass es ein sehr harter, heißer, windiger Tag auf dem Rad war und sie sich beim Laufen wie daheim in den österreichischen Alpen gefühlt hätte. Und auch auf Social Media wird angeregt über die Radstrecke diskutiert, die wohl deutlich härter als in den letzten Jahren war. Mein Eindruck hat also nicht getäuscht.

Bild konnte nicht geladen werden

In Sachen Hawaiiquali ist meine Hoffnung zwischenzeitlich zumindest wieder etwas gestiegen. Im Age Graded Ranking werde ich auf Rang 66 geführt. Leider gehen ja nicht alle 55 Slots in den Performance Pool. Wirklich optimistisch bin ich nicht, aber man darf ja hoffen.
Die Slots gehen aber wahnsinnig schnell weg. Überhaupt werden nur vier Slots nicht sofort genommen. Der letzte geht schließlich an Platz 51. Ich hätte also 15 Minuten schneller sein müssen. Das war nicht drin.

Auch wenn ich mein ganz großes Ziel verpasst habe, so hat es doch sehr viel Spaß gemacht. Ja, bei Kilometer 30 auf der Laufstrecke war ich mir sicher, dass dies mein letzter Ironman sein würde. Aber der Schmerz vergeht. Keine zwei Tage später laufen schon wieder die Überlegungen, wie wohl die nächste Saison aussehen könnte.

Jetzt geht es aber erstmal weiter nach Hawaii. Steffi darf schließlich auch noch ran!!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert