Läuferknie oder Iliotibialbandsyndrom (ITBS)

Am Anfang war da nur ein leichter Schmerz an der Außenseite meines linken Knies. Zuerst dachte ich, dass mein Meniskus vielleicht vom Lauftraining etwas angeschlagen wäre. Ich bin ja in dieser Hinsicht etwas vorgeschädigt. Also ging ich das Training erstmal etwas ruhiger an, baute mehr Ruhetage ein und fing auch an, mein Knie regelmäßig nach dem Lauf zu kühlen. Nach einem Halbmarathon aber, der auch Teil der Vorbereitung auf den Marathon war, waren die Schmerzen unerträglich. Am Abend nach dem Lauf konnte ich kaum mehr gehen.
Also erstmal zum Arzt. Der konnte einen Meniskus(an)riss ausschließen, nannte mir aber keine genaue Diagnose. Es hieß nur ganz grob ‚Entzündung oder Reizung‘ und ich bekam eine Spritze gegen die Schmerzen, damit ich mich wieder normal fortbewegen konnte. Danach war ich wirklich innerhalb von Stunden schmerzfrei. Ich beschloss, ein paar Tage zu warten, um die Reizung abklingen zu lassen und es dann wieder mit Laufen zu versuchen. Beim nächsten Lauf war der Schmerz nicht so schlimm und so machte ich erstmal weiter mit meiner Marathonvorbereitung. Mehr oder weniger nach Plan, nur mit mehr Ruhetagen, damit sich das Knie nach den Läufen immer wieder erholen kann.
Drei Wochen später, bei einem kurzen Lauf, der ein paar Tage nach einem Lauf über 30km stattfand, war es dann so weit. Nichts ging mehr! Nach 4km musste ich abbrechen, vor Schmerz kamen mir die Tränen und ich humpelte nach Hause. Das Gefühl lässt sich beschreiben, als wenn jemand versucht, mit einem Löffel seitlich etwas aus dem Knie herauszuschaben. Richtig übel! An Laufen war erstmal nicht mehr zu denken.
Da es nur noch wenige Wochen bis zum NYC Marathon waren, wollte ich aber nicht einfach aufgeben. Ich begann zu recherchieren und fand bald die Bezeichnung ‚Läuferknie‘ und ‚ITBS‘. Weitere Recherche ergab, dass es durchaus Mittel und Wege gibt, den Zustand zu verbessern oder das Problem vielleicht sogar ganz loszuwerden.  Aber würde das noch bis zu meinem Marathon klappen?
Um es kurz zu machen, ich habe den NYC Marathon gefinished. (zum Rennbericht) Es war eine Zitterpartie bis zum Ende, ob es funktionieren würde und muskulär war ich durch das nicht ganz optimale Training natürlich richtig am Limit, aber ich kriegte mein „Wunder von Manhattan“.
Damit ihr gleich gegen das Läuferknie angehen könnt und euer Laufziel nicht ins Wasser fällt, habe ich mal alles hier zusammengetragen, was ich herausfinden konnte.
Viel Erfolg euch und ein großes Danke an alle, die ihr Wissen damals mit mir geteilt haben!!!

Was ist ein Läuferknie (ITBS)?

Das Iliotibialbandsyndrom (=Läuferknie) wird auch Tractussyndrom genannt, da es den Tractus Iliotibialis betrifft. Dieser ist ein Faszienstreifen, der von der Hüfte außen am Oberschenkel bis zum Schienbeinkopf führt. Die Schmerzen entstehen dadurch, dass dieser am unteren Ende des Oberschenkelknochen reibt und so gereizt wird. Aber wie kommt es dazu?
Das Iliotibialband ist offensichtlich zu nah am Knochen, also zu kurz für die zu überbrückende Strecke. Ursache dafür kann eine Fehlstellung der Hüfte oder der Beine (O-Beine) sein, fehlende oder falsche Einlagen (bei einer Fußfehlstellung) oder eine schwache Muskulatur, die zu einer falschen Haltung bei längerer Belastung führt. Es gibt sicher auch noch weitere Voraussetzungen, die zusammen mit gesteigerten Umfängen und zu wenig Dehnen und Stabilisationstraining zu einem ausgewachsenen Läuferknie führen können.
Bei mir war es übrigens eine schiefe Hüfte (wie die Physiotherapeutin später feststellen konnte) kombiniert mit zu wenig Dehnen.

Maßnahmen gegen das Läuferknie (ITBS)

Da mein Arzt mir nicht wirklich weiterhelfen konnte und es so gut wie unmöglich war, auf die Schnelle Physiotherapie – Termine zu bekommen, wurde ich kreativ und nutzte jede Quelle, die ich finden konnte. Folgende Dinge habe ich zusammengetragen:

Ich will euch gar nicht lange auf die Folter spannen… was mir am Besten geholfen hat, war dieses Video von @Runskills:

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Kampf dem Läuferknie

Das Video hab ich mir gespeichert und jedesmal wenn es wieder anfängt zu zwicken, wird es sofort durchgeturnt.
Als das Läuferknie akut war, hab ich die Übungen sogar zweimal täglich gemacht.

Auf www.runskills.de/laeuferknie gibt es übrigens auch noch jede Menge Infos über unser Problem!

Zusätzlich dazu empfehle ich euch noch folgende Dehn- und Kräftigungsübungen:

1. Pigeon Pose

Bild konnte nicht geladen werdenDie ‚Taube‘ kommt aus dem Yoga und öffnet die Hüfte effektiv. Um in die Taube zu kommen, strecke das linke Bein nach hinten aus, das rechte winkelst du vor dem Körper an. Die Hände sind auf dem Boden.
Versuche, die linke Hüfte nach vorne unten zu schieben, so erreichst du dort eine Dehnung.

Halte für 30-60sec, dann Seitenwechsel!

 

2. Steffi Spezial

Bild konnte nicht geladen werdenDie Übung hat von mir diesen Namen bekommen, weil ich sie noch nirgendwo entdeckt habe. Sie ist entstanden, weil ich den Zug über die Hüfte erhöhen wollte. Dies geschieht durch eine Schiefstellung und dazu eine leichte Drehung:

Füße hüftbreit auseinander. Bei gestreckten Beinen mit den Händen richtung Boden ziehen.

 

 

 

Bild konnte nicht geladen werdenDann das linke Knie beugen (-> Schiefstellung) und die Hände zum linken Fuß bringen (-> Drehung). Es sollte nun ein starker Zug an der rechten Hüfte spürbar sein.

30-60 sec halten, dann Seitenwechsel!

 

 

 

 

 

3. Muschel/Clamshell

Bild konnte nicht geladen werdenLege dich auf die Seite und winkle die Knie um 45 Grad an. Ein Fitnessband kann knapp über die Knie gelegt werden, um die Übung zu intensivieren.
Das obere Bein liegt genau auf dem unteren, die Füße sind zusammen und in einer Linie mit der Körperachse.
Den unteren Arm legst du für mehr Stabilität unter den Kopf.

 

Bild konnte nicht geladen werdenHebe das obere Knie so weit wie möglich an, ohne dabei den restlichen Körper zu bewegen. Die Füße bleiben zusammen! Das Knie wieder senken und die Übung 5-10 Mal wiederholen.
Dann Seitenwechsel!

Ziel der Übung ist die Stärkung des Gesäßmuskels.

 

 

4. Beinrückheben am Boden

Bild konnte nicht geladen werdenLeg dich auf die Seite. Die Beine sind leicht gebeugt und genau übereinander.
Zur Stabilisierung mit dem oberen Arm vor dem Körper abstützen.

 

 

 

Bild konnte nicht geladen werdenDas obere Bein anheben.

 

 

 

 

 

Bild konnte nicht geladen werdenDann das Bein etwas nach hinten ziehen, ohne in der Hüfte zu rotieren. Der Oberkörper bleibt ruhig und gerade liegen! Danach das Bein wieder nach vorne schieben und absenken.

Die Übung 10-15 mal wiederholen, dann Seitenwechsel!

 

 

 

5. Seitliches Abrollen auf der Faszienrolle

Bild konnte nicht geladen werdenDie Massage der IT-Bänder ist für viele von uns sehr schmerzhaft. Um den Druck auf das Band zu regulieren, kannst du dich mit dem oberen Bein vor dem Körper abstützen. Dann seitlich auf der Faszienrolle liegend von den Oberschenkeln bis fast zum Knie rollen.
Fortgeschrittene legen beide Beine übereinander. 6-8mal rollen, dann Pause. Bei Bedarf wiederholen.

Immer auch das nicht betroffene Bein abrollen!

 

Auf der Expo des New York Marathon stieß ich noch auf ein Produkt, das eine ähnliche Funktion wie die Blackroll hat, aber noch intensiver wirkt. Außerdem ist es ganz praktisch, da es beim Reisen gut in den Koffer passt. Es nennt sich ‚The Stick‘ und wir werden weder gesponsert noch bekommen wir eine Provision. Eine ehrliche Empfehlung! Schaut es euch einfach mal an: http://www.thestick.de

Außerdem noch erwähnenswert:

  • Quarkumschläge – die sollen die Entzündung beruhigen (hat bei mir gut geholfen)
  • Kohlwickel – Kohl hat eine entzündungshemmende Wirkung, auch als Nahrungsmittel (Die Wickel hatte ich über Nacht ausprobiert, mehrere Wochen lang… ich bin nicht ganz überzeugt, dass es geholfen hat, aber geschadet hat es auch nicht… naja, gestunken hat es schon)
  • Kühlen und Wärmen im Wechsel – Kühlen nimmt den Schmerz bei einer Entzündung. Wärmen steigert die Durchblutung, wodurch der Körper sich besser reparieren kann.
  • Akupunktur – Die ist mir empfohlen worden, und obwohl ich skeptisch war, fand ich es nicht schlecht. Vielleicht lag es aber nur an der netten Ärztin, die selbst Marathon läuft und mir bei jeder Behandlung gut zugeredet hat, dass das schon klappen würde.

Als ich eine Woche vor dem Marathon wieder mit kurzen Testläufen angefangen habe, begann ich, mein Knie gegen ITBS zu tapen. Da ich ja wirklich keine Physio-Termine bekommen konnte, hab ich mir die Anleitung auf Youtube angesehen. Hier der Link dazu. Diese Art des Tapings hat bei mir gut funktioniert, es gibt aber viele Varianten davon. Schaut einfach, welche für euch am besten passt! Und professionelles Tapen beim Physiotherapeuten wäre natürlich die optimale Lösung!

Auf der Expo des NYC Marathons hab ich dann nochmal aufgerüstet. Von der Firma Zamst gibt es eine Bandage, die das Rotieren des Beines beim Laufen verhindert und dadurch das Reiben des Iliotibialbands vermindern soll. Die Produktbezeichnung ist ‚Zamst RK-1‘ und es ist sogar bei Amazon Deutschland erhältlich. (Achtung bei der Bestellung! Es gibt unterschiedliche Bandagen für linkes und rechtes Knie!)

Ich habe in New York das gemacht, was man eigentlich nicht machen soll. Ich habe die Bandage einen Tag vor dem Marathon gekauft und sie beim Rennen zum erstenmal getragen. Zu verlieren hatte ich ja nichts!

Ich bin am Ende fast schmerzfrei – das leichte Zwicken, das ich hatte, war nicht vergleichbar mit den Schmerzen zu Anfang der ‚Verletzung‘ – durch den Marathon gekommen. Mal abgesehen von den Muskeln, die nach der Queensboro Bridge (km25) schon komplett zugemacht haben. Kein Wunder bei dem fehlenden Training. Trotz der sehr langsamen Endzeit war ich im Ziel überglücklich! (zum Rennbericht)

Die Übungen habe ich auch nach dem Marathon noch weitergemacht und bin erstmal wenig und nur noch mit der Bandage gelaufen. Einen Monat später war dann auch das letzte Zwicken weg.

 

Viel Erfolg euch beim Kampf genen das Läuferknie! Gebt nicht auf, es ist machbar!

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6 thoughts on “Läuferknie oder Iliotibialbandsyndrom (ITBS)”

  1. Hallo!
    Vielen Dank für den tollen und super ausführlichen Bericht. Eine Frage, wieviel Wochen vor dem Marathon hat das Läuferknie zugeschlagen? Ich will genau heute in zwei Wochen den BERLIN-MARATHON laufen und sitze jetzt seit gestern mit einem dicken Knie hier. Läuferknie 🙁 . Ich fürchte jedoch das zwei Wochen zu knapp sind um das in den Griff zu bekommen. Wie war das bei Dir?
    Lg Diane

    1. Hallo Diane,
      es kommt ganz darauf an, wie ausgeprägt das Läuferknie bei dir ist. Was mich etwas irritiert ist, dass du schreibst, das Knie wäre dick. Kläre beim Arzt besser ab, ob es wirklich nur das Läuferknie ist oder ob der Meniskus vielleicht mit im Spiel ist.
      In beiden Fällen würde ich vor Berlin jetzt nicht mehr Laufen. (Die Fitness dafür hast du jetzt und so schnell geht das nicht wieder weg.)
      Wenn es nur das Läuferknie ist, kannst du dann evtl. trotzdem an den Start gehen. Vielleicht erholt sich das Knie in den zwei Wochen ja genug. Bei einem Meniskus(an)riss, würde ich es nicht riskieren.
      Sprich am besten über den möglichen Start aber auch nochmal mit deinem Arzt!
      Außerdem würde ich noch versuchen, Massagen und vielleicht einen Physio Termin zu bekommen, um das IT-Band zu lockern!
      Viel Glück, dass es doch noch klappt!
      Liebe Grüße, Steffi
      (Bei mir trat das erste Zwicken im August auf, schlimm war es dann ab Anfang September, der Marathon war Anfang November. Den kompletten Oktober bin ich nicht gelaufen.)

      1. Hey Steffi,
        Danke für die Rückmeldung. Morgen geht es ins MRT um andere Verletzungen auszuschließen. Dienstag dann Besprechung beim Arzt und abends Termin beim Osteopathen . Die Bandage die Du empfiehlst wird morgen geliefert (ein Hoch auf Amazon) . Laufen werde ich bis Berlin definitiv nicht mehr. Nur noch (nach Rücksprache mit dem Arzt) Dehnen und Kräftigen und Stoßgebet gen Himmel senden. Tja und dann hoffe ich auf mein Wunder von Berlin, muss aber gestehen , die Hoffnung auf einen Start ist kaum noch vorhanden. Ich fürchte zwei Wochen sind einfach zu knapp. Aber gut wer weiß 🙂
        Lg Diane

          1. Hallo Steffi,
            ich habe mein Wunder von Berlin bekommen und am Sonntag überglücklich gefinished. Die Schiene war genial . Danke für den Tipp. Jetzt darf das Knie sich in aller Ruhe erholen 🙂
            Lg

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