Motivation in der Corona-Zeit
Wegen Corona wurden die meisten Rennen für Läufer und Triathleten in diesem Jahr schon abgesagt, bei anderen ist es fraglich, ob sie in diesem Jahr noch durchgeführt werden können. Wie aber soll man ohne ein konkretes Ziel die Motivation aufrechterhalten?
Wenn du diese Frage mit „Kein Problem. Einfach weiter im Trainingsplan!“ beantworten kannst, dann perfekt! Weiter so! Und irgendwann wird sich das mit Sicherheit auch wieder bezahlt machen! Falls du aber zu denen gehörst, die das vielleicht nicht ganz so ohne weiteres hinbekommen und sich im Moment nicht nach einem Plan richten wollen, sind hier ein paar Tipps, die dir helfen können, weiterhin motiviert und fit zu bleiben:
1. Virtual Races
Virtuelle Rennen schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden und können durchaus als guter -wenn auch nicht gleichwertiger- Ersatz für echte Rennen dienen. Rennen findet ihr auf den Online-Plattformen der großen Rennanbieter (z.B. bei Ironman oder bei verschiedenen Marathonveranstaltern) oder ihr sucht auf Google, Facebook oder Instagram einfach mal nach #VirtualRace.
Um möglichst echtes Rennfeeling zu erzeugen ist eine feste Startzeit von Vorteil. So steigert sich die Aufregung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, man plant -wie bei einem echten Rennen- die Nahrungsaufnahme und den letzten Toilettenbesuch und muss dann eben rechtzeitig an der Startlinie stehen. Ist dies nicht vom Veranstalter festgelegt, kann man sich ja vorher selbst eine feste Startzeit überlegen.
Sich ein Ziel (meist eine bestimmte Zeit) für den Wettkampf vorzunehmen hilft definitiv auch, um am Ende noch das Letzte aus sich herauszuholen. Und vielleicht finden sich ja im Bekanntenkreis auch noch Fans, die -natürlich im nötigen Abstand- den Zieleinlauf bejubeln.
Es gibt auch virtuelle Rennen, bei denen eine Startnummer und/oder Medaille in einer meist geringen Startgebühr enthalten ist. Mancher macht sich vermutlich nicht viel daraus, aber anderen kann das durchaus einen zusätzlichen Motivationsschub geben.
Was eventuell etwas kontraproduktiv bei virtuellen Rennen sein kann, ist das momentane Überangebot. Man wird dazu verleitet, an beinahe jedem Wochenende ein oder mehrere Rennen zu absolvieren, was natürlich dazu führen kann, dass diese Rennen nichts besonderes mehr sind und keine zusätzliche Motivation mehr erzeugen. Schlimmstenfalls fühlt man sich am Ende sogar gestresst davon und steht unter größerem Druck als während einer normalen Saison.
Wenn ihr also dazu tendiert, euch den „Rennkalender“ zu voll zu packen, und es euch schwer fällt, auf die Teilnahmen zu verzichten, dann macht es wie bei der richtigen Saisonplanung auch. Wenige große Saisonhighlights und dazwischen dann eher Vorbereitungs- bzw. Trainingswettkämpfe.
Hauptsache ihr habt Spaß!
2. Strava Segmentejagd
Etwas, das auch in Richtung virtueller Wettstreit geht, ist die Segmentejagd auf Strava. Strava ist eine online Plattform zum Tracking sportlicher Aktivitäten. Bis vor kurzem war Strava komplett kostenfrei, inzwischen wird aber zur Nutzung aller Funktionen ein monatlicher Beitrag fällig.
Ein Segment auf Strava ist ein Streckenabschnitt, der von jedem Nutzer dort festgelegt werden kann und der dann für alle als Segment auf der Karte sichtbar ist. Zu jedem Segment gibt es eine Rangliste und der jeweils Erste in der Liste bekommt die (virtuelle) Krone für das Segment. Dieser „Sieg“ wird als CR (Course Record) bzw. bei Bergabschnitten KOM/QOM (King of Mountain/Queen of Mountain) bezeichnet.
Als zusätzliche Herausforderung und Motivation im Training kann man sich nun vorher bestimmte Segmente heraussuchen und auf Bestzeitjagd gehen. Bei einigen GPS-Uhren und Radcomputern ist es sogar möglich, sich die Segmente während des Laufs oder der Radausfahrt anzeigen zu lassen.
Gerade für Fahrtspiele oder statt Ortsschildsprints bietet die Segmentjagd eine schöne Abwechslung und auch das ein oder andere Erfolgserlebnis.
3. Neues ausprobieren
Wenn in einer Saison die Wettkämpfe wegfallen, ist es beinahe wie eine Off-Season. Was macht man in der Off-Season? Sich erholen, Sport nach Lust und Laune und auch oft alternative Sportarten. Die eigentliche Off-Season der Triathleten (und die Nebensaison der Läufer) zeichnet sich durch kühlere Temperaturen, nasseres Wetter und kürzere Tage aus. Dies ist in diesem Fall anders und bieten so auch eine Chance. Im Winter beschränken sich die alternativen Sportarten ja auf Indoor-Beschäftigung wie z.B. Klettern und Fitnesskurse oder es geht gleich in Richtung Wintersport.
Jetzt aber kann man sich auch mal an Sommersportarten als Alternative versuchen. So haben wir uns in den letzten Wochen auf Mountainbike-Trails gewagt und auch die verstaubten Inline-Skates mal wieder aus dem Keller geholt. Wandern steht auch noch auf unserer To-Do Liste für diesen Sommer. Euch fallen bestimmt noch viele andere Dinge ein, für die im normalen Trainingsalltag eigentlich die Zeit fehlt.
Eine Sache gibt es dabei zu bedenken: Auch wenn man gut trainiert ist, sind neue Bewegungsmuster anstrengend für den Körper. Damit man sich also keine Verletzungen durch Überlastung zuzieht, sollte man bei der „neuen“ Sportart Dauer und Intensität nicht zu schnell steigern.
4. Eigene Ziele definieren
Das war jetzt alles noch nicht das Richtige für euch und das große Ziel in Form eines Wettkampfes fehlt einfach um dranzubleiben? An den fehlenden Wettkämpfen kann man im Moment nichts ändern, an den motivierenden Zielen aber eventuell schon…
Den meisten Läufern und Triathleten geht es im Rennen ja weniger um den Kampf Mann gegen Mann, sondern eher darum, eigene Ziele zu erreichen. Eine bestimmte Zeit zu unterbieten oder einfach eine gewisse Distanz zu schaffen. In dieser Saison können wir ganz andere Dinge erreichen!
Gibt es eine bestimmte Strecke, die ihr schon immer mal absolvieren wolltet? Um den nahen See laufen oder radeln? Oder ihn vielleicht einfach längs durchschwimmen? Vielleicht wolltet ihr schon immer mal einen Ultra von 50km laufen, was aber in keiner normalen Saison unterzubringen ist, den nächsten Berg laufend erklimmen oder die 200km auf dem Fahrrad zurücklegen? Dann habt ihr jetzt die Gelegenheit dazu! Wen ‚weiter‘ und ‚höher‘ nicht begeistern kann, der könnte sich alternativ auch an ‚schneller’ versuchen. Die Geschwindigkeit auf Unterdistanzen in die Höhe treiben, kann wohl auch Motivation für die ein oder andere harte Einheit sein.
Aber keinen Druck! Alles kann nichts muss… nur wenn die ein oder andere Idee erstmal im Kopf ist, will sie auch verwirklicht werden. Und wenn man das dann wirklich gemacht und geschafft hat, ist das Gefühl auch beinahe wie ein Finishlinemoment!
5. Schwächen ausmerzen
Vielleicht braucht ihr aber gar keine großen Ziele und Gefühle, sondern wollt eure Zeit einfach nur sinnvoll gestalten? Dann nutzt die Saison ohne strukturierten Rennkalender doch, um an euren Schwächen zu arbeiten. Damit ist dann aber nicht gemeint noch mehr laufen, radeln oder schwimmen, sondern sich auf die für den Ausdauersportler im Normalfall eher unangenehmen Dinge zu konzentrieren. Das wären dann Kraft- und Stabitraining, Stretching -eventuell auch Yoga- und Blackroll.
Wenn in den Jahren zuvor an einer Stelle besonders häufig Probleme aufgetreten sind, wäre es sinnvoll, darauf besonders Augenmerk zu legen. Waren Shin-Splints, Läuferknie oder Plantarfasziitis schon einmal Thema haben wir hier schonmal ein paar Übungen für euch (um die zu machen, muss die Verletzung nicht akut sein), bei vielen anderen Problemen zu denen man vielleicht mehr veranlagt ist als andere, gibt es bestimmt auch schöne Tutorials auf YouTube.
Grundsätzlich lässt sich meist sagen, die Übungen, die ihr am wenigsten leiden könnt, treffen eure Schwächen am ehesten. Also viel Spaß und Durchhaltevermögen!
6. Grundlagentraining/Sich auf den Herbst bzw. 2021 fokussieren
Auch eine Möglichkeit, motiviert zu bleiben und die Zeit sinnvoll zu nutzen ist, sich schon mit den nächsten Zielen zu beschäftigen.
Euer Rennkalender 2020 ist leer? Der von 2021 aber bestimmt nicht!
Da bleibt jetzt genug Zeit, sich gründlich vorzubereiten. Verstärkt Grundlagentraining beim Schwimmen, Radfahren und Laufen, wobei das unter Punkt 5 genannte Kraft- und Stabitraining natürlich nicht vernachlässigt werden darf. Die Art von Training eben, die man sonst in den Wintermonaten absolviert. Nur ganz ohne Zeitdruck und Stress und bei meist besten Wetterbedingungen.
Die „geschenkte Zeit“ könnt ihr außerdem für Materialtests nutzen, eure Wettkampfernährung testen (eventuell auch in einem virtuellen oder selbst organisierten Testwettkampf)… im Prinzip könnt ihr euch für all das, was sonst in der kurzen Zeit zwischen Winterende und den ersten Wettkämpfen erledigt werden muss, einmal richtig viel Zeit nehmen. Wir haben keinen Druck durch anstehende Rennen und was jetzt einmal gründlich getestet und optimiert wird, kann in den nächsten Jahren den entscheidenden Vorteil ausmachen.
Wenn ihr jetzt gedanklich schon in der Vorbereitung auf die Saison 2021 seid, passt nur ein wenig auf, dass ihr nicht zu schnell zu viel wollt. Die Vorbereitungszeit ist lange und benötigt eine Periodisierung, damit ihr euch weder körperlich noch mental in eine Überlastung manövriert. Dies bedeutet, ihr trainiert nicht kontinuierlich die nächsten zwölf Monate bis zum Saisonhöhepunkt 2021 auf einem Level durch, sondern wechselt Umfänge und Intensitäten und gönnt euch auch genug Ruhetage und Entlastungswochen. Orientiert euch dabei grob an (online erhältlichen) Trainingsplänen und hört vor Allem auf euren Körper.
Ich hoffe, ihr habt genug Ideen und Anregungen bekommen, um gut durch das restliche Corona-Jahr zu kommen. Hoffen wir, dass vielleicht im Herbst noch die ein oder andere Veranstaltung stattfinden kann und wir in der Saison 2021 wieder gemeinsam die großen Finishlinemoments feiern können!